Mitleid / Hilfe?! – Beides sind Dinge, die ein blindes Pferd ganz sicher nicht will
Grade zu Beginn seiner Erkrankung habe ich die Blindheit als eine Art Behinderung betrachtet. Als ein Handicap. Ich habe ihn bemitleidet, getröstet und war nach der Diagnose schrecklich traurig
Doch Romo wollte diesen Kummer von Beginn an nicht. Es hat lange gedauert bis ich verstanden habe, dass ich aufhören muss, ihm meinen eigenen Schmerz aufzubürden. Ich war es nämlich, die Mitleid mit mir und unserer Situation hatte – nicht Romo.
ICH habe mich bemitleidet: Wieso trifft diese blöde Krankheit ausgerechnet uns?! Wo wir doch immer die kränkelnden Pferde abkriegen. Wieso kann ich nicht einfach mal einen „Normalo“ besitzen. Jetzt schäme ich mich schon fast für diese Gedanken….
Irgendwie sollte es so sein das wir uns finden und bei uns ist er gut aufgehoben, denn wir können alle Pferde akzeptieren mit oder ohne Macken, da sie bei uns Familienmitglieder sind. In unseren Herzen ist genug Platz und Energie ist für die schwierigeren und „unnormalen“ Fälle. ❤️
Nachdem Romo seine Erkrankung akzeptiert hatte und merkte, dass ich ihm nur gutes will und bleiben würde, wurde er schnell ehrgeizig. Er wollte von vornherein selbst mit der Situation klarkommen. Lieber lief er gegen etwas gegen, als auf mein Kommando zu hören. Er wollte seine Erfahrungen selbst sammeln und zog so z.B. anfangs extra stark die Beine beim Laufen an, um bloß nicht zu stolpern. Wenn er gegen etwas gegen lief, war er oftmals sauer auf sich selbst, versuchte es aber gleich erneut. Jegliche Misserfolge spornten ihn an, weiter zu machen, anstatt aufzugeben.
Auch heute noch zeigt er mir stolz alle neuen Dinge die er sich beibringt, sei es das eigenständige auf Wiese gehen, das Öffnen eines Tores oder die Tatsache, dass er ohne Anzuecken seine Ein- und Ausgänge findet.
Er hasst es wie die Pest, wenn ich ihm ins Halfter fasse um ihn gezielt etwas zeigen zu können. Lieber läuft er drei Mal gegen den Zaun und schafft es anschließend selber. Fass ich dennoch ins Halfter, beißt er meine Hand sanft weg. Er hat gelernt auf seine Art mit uns zu kommunizieren und seinen Standpunkt klar zu vertreten.
Die einzige Hilfe die er wirklich gerne akzeptiert, sind meine Stimmkommandos. Sie sind für ihn eine verlässliche Stütze geworden und er reagiert sogar enttäuscht, wenn ich ihn nicht bei Gefahr vorwarne.
Jeden Tag aufs Neue beeindruckt mich sein Wille und seine Lebensfreude. Er zeigt mir, dass es keinen Grund gibt, Mitleid mit ihm zu haben, denn er führt ein ganz normales Leben – wie jedes andere Pferd auch ❤